Wie Partnerschaft mit der Pesso-Therapie reifen darf

Die Grundannahme der PessoTherapie, dass die Erfahrungen aus den frühen Beziehungen, insbesondere unerfüllte Kindheitsbedürfnisse, die gegenwärtigen Beziehungen prägen, indem sie die Wahrnehmung und das Verhalten bestimmen und einschränken, gilt auch und ganz besonders für die Paarbeziehung.

Das hat zum einen mit dem besonderen Charakter der Paarbeziehung zu tun: Kaum eine andere Beziehung außer denjenigen in der Ursprungsfamilie ist so intensiv und langjährig, selten zeigt man sich selbst und erlebt man jemand anderen so umfassend in allen Lebenslagen, auch in seinen Verletzlichkeiten, Nöten und ungeschminkten Seiten. In kaum einer anderen Beziehung kommt man einander und sich selbst so nahe, in beglückender Erfüllung tiefster Sehnsüchte, aber auch in schmerzvoller Verletzung alter Wunden und kaum minder schmerzhafter Konfrontation mit dem eigenen „Schatten”. Kaum eine andere Beziehung ist in einem vergleichbaren Maß Bühne für Übertragungen und Projektionen, für die Vermischung von Gegenwart und Vergangenheit (Kreppold Gröger und Kreppold, 1998).

Zum anderen deuten die Theorien der Partnerwahl darauf hin, dass man sich bevorzugt gerade in eine solche Person verliebt, die besonders dazu „geeignet” ist, die alten Sehnsüchte und die alten Wunden zu berühren. Durch die unbewussten Prozesse der Partnerwahl scheinen sich regelmäßig Partner mit ähnlicher individueller Dynamik zusammenzufinden, mit analogen oder genau komplementären Bewältigungsmustern der selben Themen, mit Verletzungen in ähnlichen Entwicklungsphasen (Hendrix, 1988, 1992). Daraus entwickelt sich jeweils eine Paardynamik, in der sich die individuellen Bewältigungsmechanismen durch ihre Verschränkung miteinander gegenseitig stabilisieren. Beiden ist das „Stück”, das auf der Bühne der Beziehung gegeben wird, vertraut, beide schlüpfen wie von selbst in die ihnen zugedachte Rolle und bekräftigen einander gegenseitig in der Vermischung von gegenwärtiger und lebensgeschichtlicher Realität. Daher ist es besonders schwer, aus diesen Mustern ohne fremde Hilfe wieder herauszufinden, wenn sie infolge der langen Beziehungsdauer oder infolge bestimmter Krisen zum Problem werden.

Die Pesso-Therapie kann hierbei eine besonders effektive Hilfe bieten. Sie erlaubt es, die Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart zu identifizieren und ganz gezielt die in die Gegenwart hineinspielenden „unerledigten Geschichten” dort zubearbeiten und zu heilen, wo ihre Quelle liegt: in der individuellen Lebensgeschichte. So unterstützt sie das Paar nicht nur dabei, die eingespielten Muster zu erkennen und loszulassen, sondern macht auch durch das „Umschreiben” der historischen Stücke ganz gezielt die bislang nicht verfügbaren Beziehungsdimensionen zugänglich, so dass die Partner neu zu gestaltenden „Autoren” der Zukunft ihrer eigenen Beziehung werden.

Grundsätzlich erlaubt es die Methode der Pesso.Therapie, in unterschiedlichen Settings und Vorgehensweisen mit den verschiedensten Paar-Themen zu arbeiten.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Artikel

PESSO THERAPIE IN DER ARBEIT MIT PAAREN , EIN FALLBEISPIEL von Barbara Fischer-Bartelmann und Leonhard Schrenker, erschienen bei CIP-Medien, München, 2004